Wolfgang Temmel
Unvollständige Vergangenheit, 2018
Druck und Acryl auf Leinwand, Fotodruck, beides gerahmt
62 x 80 cm, 58 x 47,5 cm

Diese Installation von Wolfgang Temmel zeigt zwei gerahmte Bilder. Das eine ist die Reproduktion eines Gemäldes von John Emms, „Two Hounds in a Landscape“, und das zweite ist ein Porträt von Josip Broz Tito, dem ehemaligen politischen Führer der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Beide wurden häufig reproduziert und weit verbreitet. Das realistische Gemälde mit zwei Hunden war und ist ein sehr beliebtes Bild und kann noch heute als Poster gekauft werden. Bis Anfang 1990 hing Titos Porträt in fast jedem öffentlichen Raum im ehemaligen Jugoslawien und stellt ein Element der Ikonografie des vergangenen Systems dar. Temmel beschloss, in das Bild von Emms einzugreifen und malte im oberen Bereich ein UFO. Das UFO ist zunächst kaum zu erkennen, aber wirkt dann wie ein Teil des Bildes. Die Art und Weise, wie die beiden Bilder installiert werden sollten, wurde im Voraus festgelegt. Sie mussten in einer Ecke positioniert werden: links vom Betrachter befindet sich die Reproduktion des Gemäldes von Emms und rechts das Porträt von Tito, dessen Blick auf das Gemälde gerichtet ist. Die Gegenüberstellung dieser beiden Bilder eröffnet eine spezifische Lesart des Werks. Wir wissen, dass Tito, der zu Lebzeiten einer der bedeutendsten sozialistischen Führer war, auch ein leidenschaftlicher Jäger war. Sein Lebensstil war ziemlich glamourös, wie man aus den vielen Biografien und Bildern ableiten kann, die noch heute Teil der populären Geschichte sind. Emms Gemälde präsentiert eine Vision der englischen Landschaft und der Jagdhunde, die meist der oberen Gesellschaftsschicht gehörten. Das gemalte UFO bildet in der Reproduktion von „Two Hounds in a Landscape“ ein fremdes Element, einen Eindringling in die ländliche Idylle und führt zu dem Gedanken, dass keines der Bilder etwas Reales darstellt, dass beide Bilder nur Ideen sind und gleichzeitig für etwas Unvollendetes stehen. Auf der einen Seite haben wir die ideale Landschaft, und doch erinnern die Jagdhunde an etwas Gewalttätiges, an eine Bluttat, einen Kampf. Titos Porträt an der anderen Wand erinnert uns an die verlorenen Ideale des Sozialismus, der eine bessere Gesellschaft aufbauen wollte. Auf einer gewissen Ebene sind beide Bilder Science-Fiction.

Andrea Hribernik, Direktorin des Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst Koroška(KGLU)