Dieses Werk ist ein Textkonzentrat, bestehend aus wenigen Zeilen, und stellt
nichts anderes dar als die Beschreibung des Vorgangs des Schöpferischen -
nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Es existiert die Behauptung, daß Kunst Energie in ihrer schönsten Form sei und
- indem Temmel dieser Behauptung zustimmt - bejaht er die Existenz der Kunst,
da er von ihrer positiven Kraft überzeugt ist. Dabei ist es ohne Belang, daß
Kunst und ihre verschiedenartigen Erscheinungsbilder in den vielfältigen
Kulturen dieses Planeten in einem zum Teil völlig anderen sozialen Kontext
stehen. Die in einer einfachen Sprache gehaltene und reduzierte Beschreibung
des künstlerischen Denkens und Handelns ist es, die diesen Text aus seinem
kulturellen Kontext heraushebt und ihm allgemeine Gültigkeit verleiht -
jenseits kultureller Grenzen.
Dieser Text war, eingemeißelt in einer Marmortafel, der alleinige Inhalt einer
Arbeit, die Temmel 1981 schuf ("Die Kunst ist für viele so etwas wie eine tote
Fremdsprache"), und er trifft damit eine eindeutige, durchaus ironische
Aussage über die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Codes.
Eine Kunstgeschichte in alle möglichen Schriftsprachen zu übertragen, stellt
nun einen weiteren Schritt dieser Arbeit dar und entwickelt sich zu einem
Mammutprojekt, da es der (irrwitzige) Versuch der Machbarkeit des Unmöglichen
ist : einerseits die Unmöglichkeit der authentischen Übertragung eines Textes
von einer Sprache in eine andere, andererseits existieren heute weltweit etwa
2000 Schriftsprachen.
Trotzdem oder gerade deshalb widmet sich Temmel seit 1983 diesem Projekt, das
weit komplexer ist als jeder Fünfjahresplan...